4. November 2022, Veranstaltungsbericht

Baukultur im Ort: Frankfurt (Oder)

Die Magistrale Karl-Marx-Straße ist als zentrale Einkaufsstraße in Frankfurt (Oder) zugleich ein wichtiges Zeugnis der DDR-Moderne. Nun soll sie umgestaltet werden, um an Attraktivität für Einzelhandel und Passant:innen zu gewinnen. Doch wie könnte die umgestaltete Magistrale aussehen? Dieser Frage widmeten sich am 28. September 2022 auf Einladung der Baukulturinitiative Brandenburg und der Stadt Frankfurt (Oder) mehr als 80 Teilnehmende im Coworking Space „BLOK O“, direkt auf der Magistrale.

Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Baukultur im Ort“, einem Veranstaltungsformat der Baukulturinitiative Brandenburg, das sich mit aktuellen Fragen der Baukultur in Städten und Gemeinden in Brandenburg beschäftigt und eine Plattform für die Diskussion mit allen Beteiligten bietet. Dass dies bei der Veranstaltung in Frankfurt (Oder) gelungen ist, hoben Matthias Krebs, Präsident der Brandenburgischen Ingenieurkammer und selbst Frankfurter, und Andreas Rieger, Präsident der Brandenburgischen Architektenkammer, in ihrer Begrüßung der Teilnehmenden hervor.

Expert:innen aus den Bereichen Denkmalpflege und Baumschutz schufen eine fundierte fachliche Basis für die spätere Diskussion. Planungsgrundlagen und Leitlinien der Magistrale seien eine „Kristallisation der Wünsche der 60er Jahre“ und entsprächen den symbolisch-ideologischen Architekturvorstellungen dieser Zeit, erläuterte Prof. Dr. Paul Zalewski von der Europa-Universität Viadrina und gab eine kurze Einführung zu baugeschichtlichen und sozialräumlichen Methoden der Ortsanalyse. Unter dem Flächendenkmal der Magistrale befindet sich ein Bodendenkmal mit den ursprünglichen Fundamenten der Stadt: „Unter der Lava des Sozialismus liegt unser Pompei“, so der Professor für Denkmalkunde. Dr. Bernadeta Schäfer, Gebietsreferentin für Frankfurt (Oder) beim Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, sprach über den Denkmalstatus der Magistrale. Ihre Architektur sei „großzügig, luftig und offen“, wie die großen Fensterflächen der ehemaligen Kaufhäuser belegen. Ebenso wichtig wie der Denkmalschutz sei der Baumschutz und die Verbesserung des Bodens, betonte Prof. Dr. Hartmut Balder, Leiter des Instituts für Stadtgrün. Hierfür bedürfe es einer umfassenden Analyse der Situation als Grundlage für ein nachhaltiges Konzept.

Die aktuellen Pläne der Stadt stellte Dorit Bunk, Leiterin der Abteilung für Grünanlagen und Stadtservice in Frankfurt (Oder), den interessierten Bürger:innen vor. Bereits bestehende Entwürfe sollten um weitere Änderungen ausgebaut werden – unter anderem sollen nun auch Breite und Verlauf der Straße und der Straßenbahngleise diskutiert werden. Die Präsentation endete mit Denkanstößen für die anschießenden Arbeitsgruppen: Welche Rolle soll der motorisierte Individualverkehr (MIV) spielen? Wie kann die Außengastronomie von den Änderungen profitieren? Welche Aufenthaltsmöglichkeiten und Stadtmöblierung sollen der Bevölkerung angeboten werden? Einen weiteren Impuls stellte die auf die Vorträge folgende Führung über die Magistrale dar.

Trotz der teils kontroversen Ansichten im Publikum zeigten sich bei der Vorstellung der Ergebnisse einige Gemeinsamkeiten: Viele der Teilnehmenden forderten eine Reduzierung des MIV oder gar eine autofreie Magistrale mit ausreichend Radwegen. Gleichzeitig müssten die Lieferwege des Einzelhandels gesichert sein. Bei der Gestaltung der Wege sei die Barrierefreiheit für alle Generationen und Personen mit Beeinträchtigungen unabdingbar. Die Begrünung der Magistrale, z.B. durch den Erhalt und die Pflege der Bäume, Beete auf den Gehwegen oder Fassadenbegrünung, wurde ebenso häufig genannt. Der Denkmalschutz auf der Magistrale rief sehr unterschiedliche Meinungen hervor, Einstimmigkeit herrschte jedoch in Bezug auf die Notwendigkeit einer klimagerechten und nachhaltigen Umgestaltung der Magistrale.

Die vorgestellten Ergebnisse wurden abschließend offiziell an den Baudezernenten der Stadt, Dr. André-Benedict Prusa, und Bernhard Schuster, Vorsitzender des Beirates für Stadtgestaltung und Kunst im öffentlichen Raum in Frankfurt (Oder), überreicht. Es wurde das Angebot ausgesprochen, interessierte Teilnehmende auch in Zukunft über den Planungsstand der Umgestaltung der Magistrale zu informieren. Die Ergebnisse der Veranstaltung stellten nicht nur einen Mehrwert für die Teilnehmenden dar, sondern haben das Potential, der gesamten Stadt Unterstützung bei der Revitalisierung der Magistrale zu leisten.

 

Dieser Beitrag erscheint auch im DABregional 12/22 und Zentrum – Zeitschrift für das Sanierungsgebiet ehemalige Altstadt Frankfurt (Oder).

Bild: Prof. Dr. Paul Zalewski sprach zur Geschichte der Magistrale und gab eine Einführung in Methoden der Ortsanalyse. Prof. Dr. Paul Zalewski sprach zur Geschichte der Magistrale und gab eine Einführung in Methoden der Ortsanalyse.
Bild von Dorit Bunk, wie sie die Teilnehmenden über die Magistrale führt. Dorit Bunk führte die Teilnehmenden über die Magistrale.
Bild: An den Werkstatttischen wurden Pläne der Magistrale bearbeitet. An den Werkstatttischen wurden Pläne der Magistrale bearbeitet.