6. Oktober 2023, Veranstaltungsbericht
Baukultur im Ort: Perleberg
Perleberg geht es wie nicht wenigen Städten in Brandenburg – auch mitten in der Stadt finden sich noch leerstehende Gebäude, die jedoch über großes Potential verfügen. So wie das denkmalgeschützte Kaiserliche Postamt im historischen Kern von Perleberg, das seit den 2000er Jahren nicht mehr genutzt wird. Doch das soll sich ändern. Bei der gemeinsam von der Baukulturinitiative Brandenburg und dem StadtLabor Perleberg ausgerichteten Veranstaltung „Baukultur im Ort: Perleberg“ am 31. August 2023 im Kaiserlichen Postamt wurden mit interessierten Bürger:innen, Vertreter:innen der Stadt und Fachleuten aus Architektur, Stadtplanung und Ingenieurwesen neue Nutzungsmöglichkeiten entwickelt. „Baukultur im Ort“ ist ein seit 2020 bestehendes Veranstaltungsformat der Baukulturinitiative Brandenburg, das sich mit aktuellen Fragen der Baukultur in Städten und Gemeinden in Brandenburg beschäftigt und eine Plattform für eine Auseinandersetzung mit allen Beteiligten bietet.
Schnell waren sich die Teilnehmenden einig, dass insbesondere das Erdgeschoss des Gebäudes wieder einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden soll. Grundsätzlich möglich ist dies, da der zunächst geplante Umzug des Stadtarchivs in das Kaiserliche Postamt aus Kostengründen auf Eis gelegt wurde, wie Hagen Boddin, Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt bei der Stadt Perleberg, und Jens Trommeshauser, BIG Städtebau GmbH, berichteten. Axel Schmidt, Bürgermeister der Stadt Perleberg, zeigte sich in seiner Begrüßung erfreut über einen neuen Anstoß zu einer Diskussion über die Zukunft des Postamts. Aber wie sehen die konkreten Möglichkeiten aus? Nach einem Exkurs über die Geschichte des Postamtes und dessen besonderer Bedeutung für die Stadt Perleberg von Torsten Foelsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Stadt- und Regionalmuseum in Perleberg, gab Bärbel Kannenberg Impulse aus der Praxis. Durch ihrer Tätigkeit als Architektin in Wittstock/Dosse konnte sie anschauliche Beispiele für den behutsamen und qualitätsvollen Umbau von Bestandsgebäuden zur öffentlichen und gewerblichen Nutzung in der Stadt liefern: „Gute Baukultur braucht Ziel, Mut und Zeit“, betonte sie. Wichtig in der Region sei es insbesondere, Angebote für junge Leute zu schaffen.
Dass dies auch ein Anliegen vieler Teilnehmenden war, zeigte sich an den im Anschluss stattfindenden Werkstatttischen. Perleberg braucht mehr für junge Menschen attraktive Orte, wie z.B. das Effi, das Jugend- und Freizeitzentrum in Perleberg – das war ein Fazit an allen Tischen. Neben Aufenthaltsmöglichkeiten für Jugendliche könnte im alten Postamt auch die Idee der Jugendbauhütten aufgegriffen werden und gleichzeitig ein Angebot für (zukünftige) Handwerker:innen geschaffen werden. Wichtig ist es, einen einzigartigen Ort mit Leuchtkraft ins Leben zu rufen, der über Perleberg hinaus Menschen anzieht. Das Kaiserliche Postamt darf dabei jedoch nicht alleine gedacht werden, denn es geht um das ganze Quartier. Von diesem hatten sich die Teilnehmenden zuvor bei einer Führung selbst ein Bild machen können und die an das Postamt angrenzenden Gebäude, wie das Kulturkombinat, kennen gelernt. Um den Aspekt der Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren, wäre ein Hotel zu für Familien bezahlbaren Preise eine Möglichkeit für eine gewerbliche Nutzung des Postamts. Verbinden lassen sich diese vielfältigen Nutzungsideen im Konzept eines Campus, der das gesamte Quartier am Hohen Ende/Karl-Marx-Straße umspannt und die Chance bietet, soziale und gewerbliche Nutzungen zu kombinieren.
Wie geht es nun weiter? Mit der Veranstaltung „Baukultur im Ort: Perleberg“ konnte Bewegung in die Diskussion über das Kaiserliche Postamt gebracht und den Ideen der Bürger:innen Gehör verschafft werden. Jetzt liegt es an der Stadt, diese in den weiteren Planungen zu berücksichtigen, z.B. mit einer Bedarfsanalyse auf Grundlage einer Bürgerbeteiligung. Mit dem StadtLabor und weiteren Initiativen in Perleberg gibt es engagierte und fähige Akteure vor Ort, die hier unterstützend mitwirken können und sich weiter für die Umsetzung guter Baukultur in Perleberg einsetzen werden.
Dieser Bericht erschien in der Ausgabe 09/23 des DAB Regionalteil Ost.